Kring 01, 03. Kapitel, Seite 23

 

 
   
 

 


Mein Kopf dröhnte gewaltig, als ich zu mir kam. - Zu mir? Wo bin ich eigentlich? Im Bett! In welchem? Etwas hinderte bauschig am Luftholen. Ein Kissen! Gesicht mitten im Kopfkissen. Kein Wunder, wenn man dann nicht richtig Luft kriegt.

Ansonsten insgesamt ausgesprochen unbequeme Lage. Bäuchlings, Arme und Hände darunter, halb hing ein Bein aus dem Bett, das andere in irgend etwas eingebunden und kaum beweglich. - Die zusammengekrunschelte Bettdecke! Meine Arme 'eingeschlafen' und völlig gefühllos. Um besser Luft zu bekommen, wälzte ich mühlselig herum. Schmerzlich verdrehte das in Zudecke verhedderte Bein.

Uff! - Geschafft! Mund und Nase nicht mehr vom Kissen verstopft. Kopfschmerzen! Vermutlich verursacht durch Atembehinderung. Kraftlos baumelten beide Arme. Noch immer keinerlei Gefühl darin. Tote Anhängsel, welche eigentlich gar nicht mehr mir gehörten. Das verdrehte Bein tat auch weh. - Kacke! Mit viel verzweifelter Anstrengung gelang es dann aber doch, die Arme wenigstens etwas anheben. Befehl 'Arme schütteln' konnte allerdings nicht bis dahin vordringen. Entsprechender Versuch endete in kläglich matten Zuckungen, verdienten diese Bezeichnung noch nicht einmal wirklich.

Dem Himmel sei Dank! Wenigstens setzte sattsam bekanntes Nadelstechen allmählich ein und verstärkte, stieg unerträglich. Jetzt mochte ich meine 'toten' Arme nicht mehr rühren. Geringste Muskelanstrengung jagte erschmerzliche Schauer von hunderttausenden spitzer, pieksender, stechender, dicker Stopfnadeln durch. - Scheußliches Gefühl! Und dann auch noch Kopfschmerzen. Und das vormals verdrehte linke Bein.

Blöderes Erwachen wurde mir schon lange nicht mehr zuteil. Durchs sperrangelweit offene Fenster erscholl quäkend langgezogenes Kinderplärren. Wahrscheinlich kleines Mädchen, erkannten bindungslose Gedanken. Obwohl, viel denken gelang derzeit kaum.

"Mama! Mama! - Papa! Papa! - Ich bin hingefallen!" heulte das Gör. Und weiter: "Mama! Mama! - Hör' doch!" Jetzt ging dessen Heulanfall ins Kreischige über. Was zuviel ist, ist zuviel. Genau unter meinem Fenster. Unverschämtheit!

"Hal..." Schmerzhaftes Krächzen im Hals. Stimmbänder versagten vollen Dienst. Alles schien irgendwie mehr oder weniger abgestorben. Aber dann ging's, brüllte wutentbrannt über grässliche Weckungsart vom Bett durchs offene Fenster hinaus: "Halt den Schnabel, verdammt noch mal!"

"Brääääääähhh!" Anderer Plärrton, unverkennbar Geplärre aus selber Sirene.

" Ruhää!" neuer Schrei voller Hass auf herumquengelnde Blagen. Und - endlich Ruhe.

"Man muss ihnen nur mal zeigen wo der Hammer hängt", brummelte ich befriedigt in Bartstoppeln.

Unbarmherzig stachen Stopfnadeln in Armen. Aber nun konnte schon gewagt werden, sie fast normal bewegen. Träge Wendung, wollte zur Uhr schauen. Zwar wolkenverhangen düsterer Himmel draußen, doch musste schon einigermaßen fortgeschrittene Tageszeit sein. - 09:30 zeigten nüchterne Zahlen. Unerfreulicher Morgen. Zeitmäßig geht's ja noch einigermaßen. Aber sonst? Wie Überfall brach Erinnerung an letztnächtigen Traum herein.

Traum? - Ausgewachsener Alptraum! Und was für einer! Keiner von jenen üblichen, eigentlich ganz gern gemocht, dann brauch' ich nämlich kein Horrorvideo leihen - Geld gespart! - sondern von ganz anderem Ausmaß. Beklemmend echt, tief erschreckend, und auch traurig, kam sinkender Stimmung ins Gedächtnis. - Bedrückung.

Wirklich Traum? - Nein, verdammt, das war keiner! Ich besuchte doch Helga-Helga und bin dann mit der U-Bahn... U-Bahn! Der unbekannt bekannte Freund, der Schemen, die Frau am Gitter eigentümlich alt anmutender Station. Alles ganz wirklich gewesen...

Und die vielen verschluckten Cognäcchen? - Ach was! So viel doch auch nicht. Immerhin nahm ich alles genau wahr, konnte völlig gerade gehen.

Wie bin ich nach Hause gekommen? - Wir legten uns doch in unterirdischer Kammer zum Schlafen hin, offensichtlicher und gesicherter Schlupfwinkel. Wessen Schlupfwinkel eigentlich? Verdammt, das kann ich mir doch nicht einfach nur eingebildet haben. Auch als Traum viel zu... Falls doch, dann bin ich völlig durchgeknallt.

Aber danach kam jene Sache mit dem entflohenen Sklaven Aschas. Römische Antike! Die wilde Frau! Ermo der germanische Sklave, Valeria... Alles beklemmend deutlich. Kein Traum von mir selbst. Gänzlich fremde Leute. Oder bin ich vor Jahrtausenden dieser Aschas gewesen? Seelenwanderung? - Was weiß ich darüber und über Traumbedeutung? Verbissen kramte ich im Hirn nach Erinnerungen, fand nicht übermäßig viele, auch keine schlüssigen Antworten. Was Wunder bei solchen Kopfschmerzen jetzt?

Auf jeden Fall beängstigender Warntraum. Aschas kam ums Leben, versank in Sümpfen der heutigen ungarischen Tiefebene. Oder womöglich bereits im Donaudelta am Schwarzen Meer? - Unwichtig! Denn träumen, jemand anderes käme ums Leben, versinke im Schlamm, warnt davor, Teile eigener Außenwelt und eigenen Lebens gehen verloren, verschwänden auf Nimmerwiedersehen.

Du liebe Zeit! Das sind ja Aussichten! Und welcher Teil meines Lebens geht den Bach runter? Alles? Achte auf deine Träume! Wer sagte das? Ach ja, eine Frauenstimme am Telefon. Und wer war das?


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