Herzwummern dröhnte im Kopf. Springt er in Stücke? Gesprochener Gedankenschmerz: "Mein bisheriges Leben ist hier zu Ende!"
"Ja!" klang die Stimme der Frau wie von fern, nicht bezweifelbar. "Los komm! Lass uns hier schnell verschwinden. Beeilen wir uns. Wir sind beide in Gefahr", drängte sie besorgt.
"Wie? Wohin? Weißt du einen Weg?" Noch immer zögerte ich.
"Ja, über die Hinterhöfe hier durch. Wir brauchen allerdings eine Weile, bis wir in Sicherheit sind. Und ziemlich anstrengend ist es auch." Eilig zerrte sie ins fahle Düster des Durchgangs.
Hofmauer hinderte. Über aufgereihte Mülltonnen hinweg kletterten wir hinauf. Katzengewandt erklomm 'Fee' die Mauerkrone. Unsicher folgte ich, fasste ihre Hand, stieß gegen unerkannten Gegenstand. Scheußlich schepperte etwas auf Beton. Hurtig verschwanden wir im Sichtschatten anderer Mauerseite. Im zweiten Stock hinter uns schwang erleuchtetes Fenster auf. Umrisse nicht bestimmbarer Frau reckten auswärts, witterten Unrat.
"Was ist denn da los? Ist da wer? Machen sie nicht solchen Krach um diese Urzeit!" schimpfte sie ungehalten, sah aber nichts von Bedeutung, verschwand und knallte das Fenster zu.
Geduckt an Mauern entlang. Glücklicherweise türmten keine bemerkenswerten Hindernisse. Büsche und Bäume, Blumenrabatten und Wäscheleinen, unterteilt von vier niedrigen Maschendrahtzäunen, boten keine sonderliche Schwierigkeit. Fortgeschrittene Uhrzeit. Viele umwohnende Leute lagen sicher schon mit mehr oder minderem Schnarchen in Bettfallen. Und dieses Gewitter dazu. Aber es ließ überraschend nach und schlagender Regen minderte. Blitze jagten vorherigem Donner hinterher. Vorsichtig tasteten wir.
Bewunderung über selbstverständliche Gewandtheit voraus schleichender 'Fee' stieg auf. Wirklich wie eine Katze auf nächtlicher Jagd, Tritte kaum hörbar. Anscheinend trug sie Schuhwerk das Schrittgeräusche verschlang, während ich mir ungehobelt laut vorkam. Sie huschte in triefnassen Kellereingang nieder, öffnete mit leisem Schlüssel eine Tür und deutete wortlos hinein: Nachfolgen!
Ihr Kreisel begann seinen Lichtertanz. Auch ich holte meinen hervor. Allerdings tanzte er nicht so schön wie ihrer. Kommt wohl erst noch, vermutete ich, während sie die Tür sorgfältig wieder verschloss. Dann lotste sie eilig durch Kellergänge. Wenigstens trocken hier. Geisterhaft glitten geworfene Schatten Wände entlang, unterbrochen von Einzelkellertüren. Unsere Kreisel summten seltsame Lichtlieder. Bei einer Brandtür aus kräftigem Stahlblech verhielt sie abermals. Sicherlich Zugang zum Keller des nächsten Hauses. Entschlossen zog sie diese auf.
"War die nicht abgeschlossen?" fragte ich verwundert.
"Doch, doch! Die war ganz normal verschlossen. Die Schwingungen unserer Kreisel betätigen eine verborgene Riegelung. - Sprich leise! Am besten gar nicht!" Unmissverständliche Mahnung.
Die Brandtür quietsche etwas, schnappte jedoch mit unerwartet leisem Klacken ins Schloss zurück. Erstaunlich langer Gang streckte weiter ins Dunkel. Grauweiß gekalktes Rundgewölbe, unterteilt von verschiedenen Seitzugängen. Nach etwa zwei Dritteln Länge erreichten wir den Treppenaufgang ins Erdgeschoss des Hauses. Die 'Fee' umging ihn zur Hinterseite. Schmale Stahltür zwängte dahinter, geräuschlos zu öffnen. Vermutlich gleiche Riegelweise. Unnötige Fragerei verbissen.
Kalt wirkende Stufen führten gut fünf Meter abwärts in tiefere Schwärzen, matt erhellt vom Kreisellicht. Dunkelgraue Wände verschluckten viel. Vom darüber liegenden Haus führte unsere Gehrichtung nun quer fort. Bestimmt unter einer Straße zur Gegenseite hinüber. Der verhältnismäßig schmale Gang beschrieb mehrere leichte Windungen, wich aber nicht von seiner Hauptrichtung. Er schien mir so sicher wie endlos lang, gegensätzlich bisher durchlaufenen Kellergängen.