"Das soll auch gar nicht in Abrede gestellt werden. Das wäre wirklich dümmlich. Was jedoch betont sein darf, ist die ursprüngliche Gemeinsamkeit abendländischer, indoeuropäischer Völker. Bereits in der Bronzezeit fand reger Austausch, Handel und Verkehr zwischen ihnen statt. Und das lange bevor Athen oder gar Rom erbaut. Wenn Handel und Wandel stattfanden, was nicht bestritten werden kann, denn die sogenannten Bernsteinstraßen des Altertums sind archäologische Tatsachen, dann fand auch Wissens- und Gedankenaustausch statt. Das ist stets so gewesen. Und die Germanen der Bronzezeit unterschieden sich von den damaligen Griechen, Kelten und späteren Römern gar nicht oder kaum. Diese Völkerschaften sind Indoasiaten, wie auch die erst sehr viel später nachwandernden Slawen. Ihre Sprachen besaßen höchste Ähnlichkeit, was Verständigung damals leicht machte. Sie gehören wissenschaftlich unstreitig mindestens derselben Sprachfamilie an.
Zu dieser Sprachgruppe zählen auch das heutige Hindi und Persisch. Das uralte Sanskrit der indischen Brahmanenkaste ist eindeutig mit unseren Sprachen verwandt. Und, junger Mann, Bernstein wurde im Altertum mit Gold aufgewogen. Bernstein gab es nur in den 'Glasis Vellir', an Nord- und Ostsee gelegen. Und eben dort lebten die Völkerschaften, welche man später als Germanen bezeichnete. Ausgrabungen bestätigen hohe Kunstfertigkeit und erstaunlichen Reichtum durch Bernsteinhandel. Für damalige Verhältnisse sogar großer Reichtum. Das mythische Atlantis der griechischen Sage ist dort viel eher zu suchen als sonst irgendwo. Ein Klimasturz, wahrscheinlich ausgelöst durch den gewaltigen Ausbruch des Santorin in der Ägäis, setzte allem Glanz ein hartes Ende. Gleichzeitig gingen Hethiter und Minoer unter."
"Müssten dann nicht Städte oder ähnliche Ansiedlungen zu finden sein? Schließlich müssen die Menschen doch gewisse Siedlungsspuren hinterlassen haben, Bauwerke aller Art. Erst Griechen und Römer bauten in Europa Städte aus Stein." Erneut wagte ich Zweifel.
"Das ist nicht von der Hand zu weisen. Aber bedenken sie, rings um Ostsee und festländischer Nordseeküste konnten, außer in Findlingen, keine brauchbaren Bausteine gewonnen werden. Entfernungen zu möglichen Steinbrüchen waren einfach viel zu groß, als dass man sich dieser Mühe unterziehen musste und wollte. Man baute in Holz, fast im Überfluss vorhanden. Fachwerk! Die Alten entwickelten erstaunliche Holzbaukunst, selbst noch am Mittelmeer erhalten. Klassische griechische Tempel sind wie Holzbauten ausgeführt, obwohl vollständig aus Stein gefügt. Dort am Mittelmeer waren die Wege zu Steinbrüchen nicht schrecklich weit, was die Entwicklung einer Steinbaukunst sehr förderte.
Es ist ja nicht umsonst so, dass in der norddeutschen Tiefebene, auch sonst vielfach an Nord- und Ostsee, vor einigen Jahrhunderten die Backsteinbaukunst entwickelt wurde. Es gab keine Bausteine sonst und Transporte aus felsigen Gegenden viel zu mühselig. Die wenigen großen Findlinge galten im Altertum als heilig und wurden bevorzugt für Heiligtümer und Hünengräber genutzt und nicht schnöde zertrümmert. Sicherlich gab es damals auch Siedlungen, welche als Städte bezeichnet werden konnten. Sagen von untergegangenen Städten an Nord- und Ostsee zeugen unmissverständlich davon. Nur dürfen wir uns damalige Städte nicht so vorstellen, wie Athen tausend Jahre später. Selbst zu Zeiten Cäsars war Rom noch ein ziemlich betrüblicher Winkel, von gallischen oder südgermanischen Marktflecken nur wenig unterschieden. Mit Athen oder Alexandria zu dieser Zeit nicht entfernt vergleichbar. Vielleicht gerade noch das Forum zu Rom mit dem Senatshaus als einzigem Repräsentationsbau. Aber sonst? Selbst das gallische Alesia war eindrucksvoller gestaltet, wie Cäsar in seinen Aufzeichnungen eingestand. Mindestens in den Grundlagen brauchten die Alten nichts übernehmen, da Gemeingut bronzezeitlicher Europäer.
Sie sehen, die Grundlagen sind jedenfalls sehr alt. Schließlich wanderten die Indogermanen vor mehr als fünftausend Jahren in unsere Breiten ein, verbanden mit der damaligen Megalithkultur, rotteten sie keineswegs aus. Dies ist in der Edda überliefert, in den Versen über den Krieg zwischen Asen und Wanen. Letztlich konnte keiner durch Gewalt siegen und man verglich sich, lebte fürderhin friedlich miteinander. Aber die Runen brachten sie schon mit. Niemand weiß, wo diese wirklich entstanden. Niemand weiß, wer sie dereinst gestaltete. Alle Behauptungen, die in vergangenen Jahrzehnten modisch Runden machten, entbehren jeglicher Wissenschaftsgrundlage, sind reine Mutmaßungen, junger Mann.
Bemerken sie bitte, im Wort 'rund' liegt ebenfalls 'run' enthalten, denn die Runen ergeben sich aus dem Rund, dem heiligen Kreis 'Kirkum', Circus, Kirche. Rund: Das Eingeprägte, Vorgegebene, Eingegrabene! Wie auch Runzel: Furche! 'To run' heißt im Englischen soviel wie laufend sein, verwandt mit dem deutschen 'rennen' oder auch rinnen, also fließen.
Es gibt verschiedene Runenreihen, 'Futhark' genannt. Die jüngste und kürzeste hat sechzehn Zeichen. Sie ist die am wenigsten wichtige. Dann gibt es eine mittlere, achtzehnteilige, zweimal neun, sechsmal drei, welche dem eddischen Runengedicht Odins entspricht. Auch Armanenreihe genannt. Dann ist da noch die wichtigste, nämlich die gemeingermanische mit vierundzwanzig Runen. Doppelte zwölf, letztlich auf siebenundzwanzig Runen ausweitet: Dreimal verdreifachte Drei! Und dann gibt es noch eine verborgene Reihe mit sechsunddreißig Runen. Zwölfmal Drei, dreimal Zwölf.