Kring 01, 03. Kapitel, Seite 32

 

 
   
 

 


Wenige Meter weiter endete etwa eineinhalb Meter durchmessende Röhre an entsprechender Rundtür mit Rahmen. Tresortür vergleichlich. Dunkler Radgriff. Ähnliche Panzerung. Es klackte plötzlich darin. Offenbar entriegelten unsere Kreisel das gewaltige Ding. Wuffendes Geräusch, als wir sie gemeinsam aufzogen. Tatsächlich richtige Panzertür, wohl dreißig Zentimeter dick, zweiter Radgriff innen. Schweres Ding!

Jenes scharfe 'Kratzen' wurde inzwischen drängend laut, kam unablässig näher. Eilig durch runde Öffnung. Vereinter Kräfte zogen wir die 'Tresortür' in ihren Panzerrahmen. "Klack!" Eingerastet.

Kaum zu früh. Zwei oder drei Sekunden später krachte etwas mit Urgewalt gegen Stahl, dröhnte betäubend. Blaue und grellweiße Lichtfunken umtanzten Rundung und Oberfläche. Ich erstarrte vor Schreck und Befürchtung, die Panzertür könne gesprengt werden. Unsere Kreisel summten sirenenartig, breiteten anscheinend Schutzschirme, leiteten knisternde Funken ab.

Überraschende Stille! Nur in der Röhre hallte grollender Widerhall des Gewaltangriffs.

"Was zum Teufel war das?" wollte ich nachdrücklich wissen, brachte lediglich Hauchen heraus.

"Erkläre ich dir später. Tut mir leid, aber das war dummerweise der nächste Weg, um in unseren Sicherheitsbereich zu kommen", wich meine Anführerin der Frage aus, lächelte matt.

"Unseren? Was soll das genau heißen?"

"Ja! Es gibt zwar etliche oberirdische Eingänge und Tore im ganzen Stadtgebiet, aber manchmal ist die Lage so, dass man es noch weniger wagen kann gerade diese aufzusuchen. - Wie jetzt zum Beispiel." Wieder umschiffte sie eigentliche Fragestellung gekonnt, ging ohne weitere Antwort in Dunkelheit der niedrigen Röhre. Ich folgte wortlos. Aufgezwungen gebückte Haltung geriet reichlich unbequem.

Etwa zehn Metern weiter sperrte Vergitterung. Sie ließ sich seitlich aufschieben. Normal erscheinender Quergang dahinter. Ausmaße geräumigen Wohnungsflures, aber gut doppelt so lang. - Das kannte ich! Mit meinem fremden Freund, dem 'Fee', kam ich nach ähnlichem Erlebnis in der U-Bahn in fast gleichen. Verteilt über großstädtische Unterwelt, sind offenbar mehr- oder vielfach solche Fluchtorte vorhanden. Auch hier glitt das Gatter selbsttätig zurück, sperrte rückwärtigen Zugang wieder und Beleuchtungsplatten flammten auf. Hiesig vorhandene Türen schienen von selber Machart, wurden ebenfalls durch flach angelegte Hand geöffnet.

Sie brachte mich in einen Raum von allerdings anderer Bauweise. Kaum größer als geräumiges Wohnzimmer, führte von hier nur eine Tür ab. Potthässliche altdeutsche Sofasitzgruppe, entsprechender Wohnzimmerschrank und ein zwei mal zwei Meter großes Futonbett bildete hier Ausstattung, samt zwei monströsen Stehlampen Marke Spießertraum. Aber der wundervoll dicke gemütliche Teppich riss alles heraus.

"Jetzt haben wir erst einmal unsere Ruhe", meinte meine Führerin. "Du willst sicher aus den nassen Klamotten raus?" wies dabei auf besagte Tür. "Dahinter ist Waschmöglichkeit und so. Ich mach' erst einmal einen Kaffee auf den Schrecken."

Gemeinsam gingen wir in anschließenden Raum. Eine kleine Küche. Dusche und Klo, geschlossene Unterabteilungen davon. Kochklo mit Waschgelegenheit. Ich schälte aus schwammfeuchten Sachen, schmiss sie achtlos ins 'deutsche Wohnzimmer' und duschte ausgiebig heiß.

Kaffeeduft strömte von nebenan. Das weckt bei unsereinem stets gute Geister. Man ist ja schließlich Deutscher. Kein schlechter Grund zu bekennen. Als Franzose fände man diesbezüglich allen Anlass zu Scham. Bei denen schmeckt Kaffee immer wie drei oder vier Stunden abgestanden. Ob 'Olee' (Au lait) oder nicht: Zungentöter grau in grau, grauenhaft! Über Italien und andere Lateiner sei ohnehin sofort Mantel gnädigen Schweigens gebreitet, trotz modisch teuer verkauften Schundgesöffs mit 'C'.

Nachdem auch 'Fee' aus der Dusche zurück, hockten wir beide Füße hoch auf dem 'deutschen' Sofa, schlürften Kaffee. Zweifache Nacktheit notdürftig von Trockentüchern gemindert. Meine Blicke verschlangen dies gutaussehende und bestens gebaute Frauenzimmer.

Sie bemerkte meine Stielaugen und lächelte: "Schlag dir das aus dem Kopf! Jedenfalls jetzt. Wir sind beide innerlich viel zu angespannt."

Ich verstand. 'Mann' und 'man' ist schließlich kein Automat, wo man oben Groschen reinschmeißt und unten rappelt es fühlbar. Nach niederschmetterndem Ergebnis bringt 'Eine danach' qualmen auch nichts. Also zog ich mir gleich eine Zichte rein, verfolgt vom mild missbilligenden Feenblick. Wir packten uns ins breite Bett. Haut an Haut einander angeschmiegt, verschmolzen Körper und Seelen in nachgerade selige Ruhe.

Aus Halbschlaf heraus fragte ich: "Was wäre eigentlich gewesen, wenn uns das da draußen auf offener Strecke hierher erwischt hätte?"

"Irgendwann hätte der eine oder andere Kanalarbeiter sich gewundert, woher die feuchte Asche stammt", murmelte sie verschlafen.

"Was? Und wir hätten nichts machen können?"

"Vielleicht auf den Boden werfen, möglichst wenig Angriffsfläche bieten, eine gute deutsche Aktentasche über den Kopf stülpen und beten."

Schwarzer Humor. Das waren Aussichten.


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