Zweckmäßig ausgestatteter Raum dahinter, nicht ungemütlich. Bequeme Sitzgelegenheiten und Tische, zum Ruhen einladende, sehr große Liegen. Regale und Schränke aus freundlichem Holz, sogar Bilder an Wänden. Zwei weitere Türen grenzten herein, allerdings mit Griffknäufen. Grauenhafte Beleuchtung. Scheußliche Leuchtstoffröhre verbreitete abstoßend grelles Licht. Glücklicherweise versah man sämtliche Sitzgruppen und Liegen mit eigenen Schirmlampen.
"Bei Hunger, Durst und Naschtrieb, diese Tür." Er deutete nach links. "Zum Duschen, Baden und Entladen, hier rein." Nach rechts gewiesen.
Mir alles fast gänzlich schnurz, völlig erledigt von ungewohnter Anspannung. Erst mal bloß sitzen und sonst gar nichts. Fragen stellte ich keine, fand nicht einmal Worte dazu, starrte lediglich Löcher in unterirdische Luft. Danach gingen wir zusammen unter die Dusche, rollten uns anschließend in mollig Zudecken und Kissen gemeinsam auf eine Liege und...
Modriger Verwesungsgeruch römischer Katakomben hält Einzug. Möglicherweise schielt dieser in Rom allfällige Zustand dort längst aus Erbgut unglücklicher Menschen. Auslöser entsetzlicher Verirrung, nicht zum ersten Mal. Empfindsame Wesen kommen in jenen brüchigen Höhlen nicht umhin, bemerken anrüchiges Gespensterwehen.
Verblichene Verführte des Wortschwalls eines morgenländischen Zimmermannes, verfärbt von wirren Geistern, welche schon in Vorzeiten todessüchtiger Finsternis frönten. Sklaven gewesen, meist von Geburt. Was hatten sie zu verlieren? Ungebildet, häufig minderer Klugheit, klammerten sie an jedes Versprechen, das Linderung verhieß. Und der Zauberer dem sie verfallen? Nun, unweise genug, ließ er einen Feigenbaum durch sein Gefluche verdorren, weil dessen Reifezeit noch nicht kam, ihm aber eigensinnig nach Feigen gelüstete. Bedauernswerter Baum.
Maßlose Selbstüberschätzung schlichten Geistes, dem unausgesetzte Sonnenglut Hirnsäfte austrocknete? Schleifender Staub umgebender Wüstenei? Oder damals üblich verlogene Übertreibung von Geschichtenerfindern hundert und zweihundert Jahre danach? - In beiden Fällen drückend dumpf. Verdienter Schundtod, harte Folge.
Vorbei an vollbesetzten Tischen auf der Fußgängerstraße führen eckige Wege in weitladende Eisdiele. Rechterhand fordern im eigentlichen Raum sauber blinkende Eis- und Kaffeemaschinen surrend und zischend Aufmerksamkeit. Ob auf anderen Seiten alles ebenso blitzig aufscheint, vermag nicht ohne weiteres festgestellt werden. Wuselnde Eiskellner und -innen sehen mit ihren geschäftig freundlichen Blicken aber unbekleckert aus. Vom Straßenverkaufsfenster herein erschallt Bitten und Betteln von Kindern an Mütter, Väter, Onkel und Tanten oder an alle zugleich, womit diese solange bearbeitet, bis sie breitgeschlagen, ihnen etliche Kugeln vorzüglichen italienischen Speiseeises zu verschaffen. Unter aufmerksamen Augen Bediensteter gelangt man in Hintergründe des Raumes. Zugänge in Toilettenanlagen. Links für Röcke, rechts für Hosen. Kein 'Null Null' entdeckbar.
Beim Eintritt in 'Hosenbereich' offenbart ockergelb und grün gekachelte Querwand am linken Kopfende mannshohen und spannenbreiten Spiegel. Etwas unterhalb Augenhöhe weist dessen Glasfläche rechtsseitig der Mitte bräunlich-schwarzes Blindgefleck auf. Erstaunlich gezackt, eigenartig gesprenkelt.
Besieht man dieses genauer, verzerrt drum herum alles Gespiegelte ungewohnt. Nicht so, wie man es von blinden Stellen uralter Spiegel kennt. Darin wird nur auftreffendes Licht verschluckt. Auch hier findet Verschlucken statt. Doch unbestimmtes Gefühl bedrängt, es sei in Wirklichkeit Verschlingen, verfestigt mit längerer Betrachtungszeit fast beängstigend. Je näher und länger Augen daran verweilen, desto mehr entwickelt der Flecken ausnehmenden Sog. Unumgänglich.
Wie gelangte jenes klecksige dunkle Unterglasloch dorthin? - Kein Fehl in kristallener Fläche selber. Auch der Silberhintergrund scheint nicht Ursprung unregelmäßigen Schwarzsternes. Einige verbliebene Schmierstreifen lassen vergebliche Anstrengungen ahnen, womit vermeintliche Verunreinigung entfernt werden sollte. Allein, alle Versuche schienen erfolglos geblieben.
Wer dem Bann des Gebildes verfallen, den reißt am Ende das Saugen der Dunkelstelle mit voller Wucht zur 'anderen' Seite. Überrascht davon, bleibt erlebter Übertritt heftiger kurzer Schrecken, denn dahinter herrscht keineswegs erwartete Finsterung. - Spiegelwelt...
Schier endlose Weite. Keine Möglichkeit zu Übersicht. Nichts als schlammige Gegend, sirrende Mücken und surrende Fliegen. Sengende Sommersonne weckt fauligen Geruch aus nassem Boden. Eigentlich gar kein echter Grund, gierig an fast allen Stellen nach unbedachten Wesen. Alles und jedes versänke, überdeckt von Morast in heimtückisches Grün eingeschlossen. Schwarzbraunes Grab nach qualvoll langer Wanderung zum Donaustrom. - Wirklich Donaustrand?
Verwehte Frage. Nur Gewissheit eines Namens: Aschas! Sklave seit Zeiten mählich beginnenden Reifens, als Erwachsener aus Unfreiheit geflohen. Hier, wo der Strom breit durch weite Ebenen wälzt, verfliegt auch ständige Furcht vor Fängern.
Der Strom bildet nördliche Grenze des Römerreiches, verläuft riesig und träge ins Gewirr unzählig unübersichtlich gewundener Arme. Mannigfaltige Sumpflandschaft. Nur Ruderschiffe und Boote leisten Grenzüberwachung. Reiterei oder Fußtruppen finden kaum Weg und Steg. Die Sümpfe selbst wurden Unerfahrenen nasse Todesfallen, verschlangen schon so manchen gewappneten Legionär. Aschas blieb Zeitlebens ungebildet, doch gelangte davon auch in Sklavenbehausungen Nachricht.