Kring 01, 07. Kapitel, Seite 59

 

 
   
 

 


Gleichzeitig zerriss er mit wilder Gewalt sämtliche Bekleidung, zerrte sie rücksichtslos herunter, als zöge er Haut ab.

Nackt bewegungsunfähig im Klammergriff. Statt Schmerz, lediglich Taubheit in allen Gliedern. Er starrte gelbäugig, stechend. Erkannte er erst jetzt was er fing? Hielt er mich zuvor von sich fort, zog er mich nun heftig gegen seine raue Haut über steinharten Muskeln. Sie scheuerte kaum weniger als feines Sandpapier. Gewaltausbruch erregte ihn offenbar maßlos. Stoßweiser Atem blies. Etwas bohrte hart in meine Magengrube. Aller Atem stockte.

"Du!" klang es wie Wolfsknurren, "Du hast leider Pech, dass du hier aufgetaucht bist. Oder vielleicht Glück? Wie man's nimmt!" Er hob mich leichthändig hoch, noch härter im Genick gepackt. "Haaahaaahaaa!" Dröhnend irres Lachen aus riesigem Brustkorb. Kahler Wahnsinn! "Ich hab gesehen was unten vorging. Ich wusste, dass du nach oben flüchten willst. Du konntest nicht entkommen", grollte er. Zugleich fuhr dessen rechte Pranke zwischen meine Schenkel.

Beiderseitiger Zangenzwang hob höher, Finger bahnten hart Wege ins Körperinnere, öffneten schließende Muskeln gewaltsam. Ohnmächtiger Versuch, mich herauswinden. Lähmendes Zupacken vereitelte. Ohne Anstrengung warf er mich herum, schlang überstarke Arme unter meinen Achseln durch, drückte mit beiden Händen mein Kinn zur Brust.

"Wehr dich nicht! Es wird dann nur schlimmer für dich!" gurgelte raue Stimme. "Du kommst nicht davon. Ich bin viel zu stark." Jede Hoffnung vertrieben. Harter Druck beider Knie riss mir die Beine weit auseinander, fast in Spagat.

Halber Irrsinn ließ gnädig außer mir selbst sein, schaute erlittenen Qualen nur zu. Teilnahmslos. Halber Irrsinn? Hart grub der Pfahl heran. Meines Körpers Gewicht drängte ihn unausweichlich herein. Pfählung, langsam, ohne Ausweg. Dumpf gespürtes Reißen. Kein echt wahrgenommener Schmerz. Zu gewaltige Flut für Nervenbahnen. Mein Geist sah von außen, wie ich tiefer sackte, von dunkelarmiger Fessel genötigt. Kinn auf eigene Brust geklemmt. Bauchdecke zerriss bis zum Nabel, platzte. Blut stürzte, tränkte trockene Teerpappe. Innereien drängten, fast faustgroße Eichel zuckte beschmiert dazwischen. ,Alien' indigolilafarbig kroch auswärts.

Jetzt sterbe ich! - Unangekommen. Ende nicht erkannten Weges.

Gleichgültig gewahrt: Mein Töter hielt inne, stak aber weiterhin im sterbenden Fleisch! Er entließ aus Zwinggriff, hielt in beiden Armen umschlungen, drückte mein zerfetztes Fleisch an sich. Sein Schluchzen schüttelte uns beide. Entsetzt, vergeblich, vorbei! Tränen tropften auf tote Schultern. Schwarzer Schrei! Ausgestoßene Kehllaute: "O Gott! Wie konnte das passieren? Das wollte ich nicht! Ich wollte dich zwingen, bestrafen aber doch nicht umbringen!" Verzerrte Klage: "Was kann ich jetzt tun? - Vergib mir! Ich liebe dich doch und hab alles kaputt gemacht. Bleib hier! Geh nicht! Ich mach alles wieder ganz."

Unbeteiligt, weit und fernab gehört. Schuldvolles Bitten, Versprechen, Wimmern. Längst unterwegs nach Anderwelt, Lichtschwellen überschreiten. Letzter kurzer Blick zurück. Sein Leiden klang echt. Seltsames Mitleid trieb vorbei. "Jetzt kannst du nichts mehr tun. Aus und Schluss. Damit wirst du leben müssen." Auskunft aus totem Mund. "Ich werde gehen wohin ich möchte. Deine Arme haben grob gefesselt - eingefangen - aber nun bin ich frei. Alles ändert sich irgendwann. Ob so oder so, das ist egal."

Ohne Begreifen starrte er in geborstene Augen, auf zerschundenen Leib, hielt plötzlich gebogene Nadel mit langem schwarzen Faden hoch. Polstererwerkzeug, irgendwoher. Die Linke raffte zerrissene Haut zusammen, die Rechte nähte klaffende Körperhöhle. Brabbelnde Laute: "Ich mach dich wieder zu, dann geht's bestimmt wieder. Dann bringe ich dich zum Arzt. Der richtet wieder alles hin..."

"Der richtet DICH hin! Du Schwachkopf!" sagte ich ohne Leidenschaft und ging weg.

"Kann man's nicht irgendwie wieder rückgängig machen?" rief er weinend hinterher.

"Nein, rückgängig kann nichts und niemand etwas machen. Alles Geschehene, auch das allerkleinste und unbedeutendste, ist ewig. Auswirkung kann nur aufgehoben werden durch Gegenmaßnahme, aber niemals geht etwas rückgängig zu machen. Seine Taten muss jeder selbst tilgen. Das ist ein ehernes Gesetz, unbestechlich, unverrückbar, vollkommen gerecht! Du kannst es nicht bitten und nicht beeinflussen. Auch Götter oder ,Der Gott' vermögen das nicht. Sie versinnbildlichen das Gesetz oder sind selbst die Naturgesetze, ohne Anfang, ohne Ende, nur sich selbst im ewigen ,Nun' genug. Alles kehrt zu seinem Ursprung zurück. Deshalb wird dein Wirken auch wieder zu dir zurückkommen. Wenn nicht hier, dann aber ganz sicher woanders. Keines und nichts und niemand kann der Gesetzlichkeit entrinnen. Sie ist ,Das Sein', denn das ,Nichts' gibt es nicht. Das Wort sagt es ja schon: Nichts! Wenn es das ,Nichts' gäbe, wäre es kein Nichts mehr, sondern ,Etwas', genannt Nichts.


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