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Abermal, Kapitel 25, Seite 03

flackert


Jetzt sprudelte heraus, worüber Erfried bislang zu niemandem sprechen konnte, verschwieg nichts, hielt keine Meinung oder Ansicht zurück. Wieso er es ausgerechnet diesem Alp Ingomar freimütig beichtete, verstand er nicht. - Der ist ein Alp, samt seiner ganzen Sippschaft und allen Besuchern des Hauses an der Ronnburg! - Kein einziges Mal unterbrach Ingomar, lauschte aufmerksam, nickte verstehend, zeigte Mitgefühl, tat jedenfalls so. Spielte er alles nur geschickt vor? Erfried kümmerte es währenddessen nicht, redete und berichtete, ließ nichts aus, auch nicht abseitigsten Verdacht und wildeste Vermutungen.

Am Ende des Berichts meinte Ingomar nach einigem Schweigen: "Jetzt kann ich mir lebhaft vorstellen, was du ausgestanden hast. Es muss wirklich schrecklich für dich gewesen sein. Armer Erf!" Freundschaftlich und tröstend drückte er Erfrieds Hand. "Aber, auch wenn du es mir nicht glauben willst, kann ich dir nur versichern, dass es nicht so ist, wie es dir vorkommt. Gundram hat eindeutig Mist gemacht, ist übers Ziel hinausgeschossen. Daran gibt's gar nichts zu deuteln! Und dem Bengel werden ich und auch meine Eltern gehörig den Kopf zurechtrücken. Das verspreche ich dir. Ich sagte dir wahrscheinlich schon, Gundram sei kein alltäglicher Bursche und weise besondere Merkmale auf. Dazu gehört, was du erlebtest und dir diese höllische Angst einjagte. Aber aus Bosheit hat Gundram es ganz bestimmt nicht gemacht. Bitte glaube mir das, auch wenn's dir jetzt sehr schwer fällt. Du solltest mal hören, wie Gundram von dir spricht. Bei dem hast du einen mächtigen Platz."

"Und warum machte er das dann auf diese scheußliche Tour?"

"Wahrscheinlich aus Angst."

"Aus Angst? Der?"

"Ja natürlich! Er wusste von den ersten Augenblicken an, dass du sein lange gewünschter Gefährte bist. Gundram fürchtete wohl, es ginge anders nicht, spielte seine besonderen Fähigkeiten voll aus, wollte diese Möglichkeit nicht einfach verstreichen lassen. - Erfried, Gundram würde lieber sterben, als zulassen, dass dir etwas zustößt!"

"Aber man kann sich doch einen Freund nicht einfach wie... wie... wie einen willenlosen Sklaven halten! Ich bin doch kein Stück Holz!" Empört fand Erfried erst keine treffenden Worte.

"Nein, das bist du wirklich nicht, wenn ich dich so ansehe! Ich glaube, das hat er auch nicht tatsächlich vorgehabt, meinte wohl, als Anfang sei es in Ordnung und alles andere käme dann schon von allein."

"Bei so einer Scheißangst?"

"Da hat er sich eben verrechnet, in seiner unreifen bis kindlich bengelhaften Vorstellung. Wahrscheinlich war er überzeugt, dir mit dieser blödsinnigen Gängelung einen leichteren Weg in sein Leben, in sein Umfeld zu bahnen. Du wirst zugeben, dass wir allesamt keine alltäglichen Weltbürger sind und einen Lebenswandel führen, von dem sich unbedarft Beobachtende womöglich nicht gerade angesprochen fühlen. Dazu gehört eben auch, dass wir sehr freizügig denken und Freundschaftsverbindungen nur danach beurteilen, ob es denn auch mit dem Herzen ist. Alles andere zählt da nicht, solange keiner zu etwas gezwungen wird, was der oder die Betreffende auf keinen Fall wollen."

"Ich bin aber gezwungen worden! Zwar nicht mit roher Gewalt, aber anders! Und ich wollte nicht!" trotzte Erfried aufbrausend.

"Nun ja, nicht so. Daran habe ich keinen Zweifel. Aber das, was zwischen euch ablief, hättest du unter anderen Umständen doch sicher nicht abgelehnt, oder? Mir ging es in eurem Alter ganz ähnlich. Tja, und da dachte ich eben, dass ihr für einander geeignet seid, zumal es schwierig, sehr schwierig sein kann, jemand Ebenbürtiges finden."

"Ebenbürtig? Wenn der solchen ekligen Zwang ausüben kann und es auch einfach tut?"

"Jeder hat seine besonderen Gaben und zugleich seine eigenen Fahrlässigkeiten und Fehler. Gundram hat jene und du hast andere, wie ich weiß. Und bedenke mal, dass auch Elfen, Alben oder Alpe, wie du uns schimpfst, ihre Mucken, Wünsche und Sehnsüchte haben. Elfen sind eben ganz und gar nicht die holden Feenwesen aus duftigem Rosenbusch entsprungen, die einem dann drei Wünsche gewähren und erfüllen. Das ist eine albern romantische Verdrehung aus dem letzten Jahrhundert. Du kennst das doch sicher auch aus alten Sagen und Märchen. Auch in Sagen oder Märchen sind Elfen oft nicht jene unschuldig liebreizenden Duftwesen aus hauchzarten Gespinsten, sondern vielfach sogar sehr misslaunige Zeitgenossen, die zuweilen ausgesprochen rüde untereinander oder mit Menschen verfahren. Dagegen ist so ein unverfrorener Lümmel wie Gundram noch ausgesprochen zahm. Trotz seiner besonderen Gaben, womit er gern unbedacht herumspielt. Ich kann dir nur versichern, dass er nicht boshaft ist. Allerdings kann ich mir vorstellen, wie schwer es dir fällt, es jetzt zu glauben. Kann es dir auch nicht verdenken."



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Mannie Manie © 1999
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