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Abermal, Kapitel 28, Seite 01

flackert


Rauschen füllte... Füllte, was? Raum oder Ort? Drang es in Gehörgänge?

Eigentlich gleichgültig. Trotzdem standen Fragen, entsprangen stets aufsteigender Neugier, notwendigem Wissensdurst, wenn Zustand bemerkt. Nur brannte hier dringende Unsicherheit. Welcher Zustand? Wovon und woran gemessen? Nichts sichtbar und doch nicht dunkel. Nichts spürbar, obgleich feststellender Geist meinte, alles erstarre in kriechender Kälte. Warum fror er dann nicht? Oder besser ES? Was konnte schon wirklich erkannt werden?

Wallende Töne, vielmehr das Rauschen, mochten ebenso gut Sinnestäuschung sein. Aber zu Sinnestäuschung gehörten Sinne, welche getäuscht werden konnten, wenigstens aber ein einziger einsamer Sinn. Welchen Zweck sollten Täuschungen sonst haben? Hatten sie dann Zweck? Gab es nicht auch zweckfreie Täuschung? War sie dann zwecklos? - Wohl schon. In solchem Falle blieb Täuschung ganz für sich allein, ohne Ziel und ohne Absicht...

Das ist dummes Zeug! fuhr irgendwoher donnernde Stimme ärgerlich dazwischen. Täuschung hat stets Absicht oder wird in bestimmter Absicht erzeugt! Wozu sollte sie sonst dienen? Wenn nichts und niemanden Täuschung trifft, dann ist es genauso, als sei sie gar nicht zugegen, geistere verloren und ohne Sinn durch Zeiten, Welten, Räume...

Und wodurch noch? Gab es noch etwas anderes, worin Täuschungen geistern, lasten, schwer darüber gestülpt? - Bewusstsein! Dehnte hier irgendwo Bewusstsein? Wo bist du? - Keine Antwort! Aber wenn Antwort erwartet wird, dann muss doch etwas, jemand da sein, das, der oder die auf Antwort hofft? Hofft da wer auf Antwort?

Ebenso könnte Antwort verlangt werden, herbeigeschrieen, gierig gegriffen... Unsinn! Antworten kann man nicht greifen, nur hören und verstehen! Und was ist dann mit Antworten, die keiner versteht? Sind es Antworten oder nur Schwingungen, als Antwort verkleidet? - Aha! Da ist wieder Täuschung...

Plötzliche Änderung. Hall aus jeder Richtung, Wellen an unsichtbaren Hindernissen, vielfältig zerbrochen: "... ...d ...id ...rid ...rid ...efleh ...rid efleh ...rid efleh chi, tsnga eniek!"

Vollkommen fremd. Welche Sprache ist das? - Restlich wehte: "rid ieb nib chi, tsnga eniek!"

Wieder nicht verstanden. Was konnte das sein? Wieso konnte beliebiger Geist nicht beliebige Sprache verstehen? Ist das Wahrnehmende kein beliebiger Geist, ist Sprache nicht beliebig? Durfte sie überhaupt beliebig sein? Schwebt man dann nicht allein irgendwo herum, hat und findet keinen oder nur sehr wenigen Widerhall?

Beliebig gehandhabt, verlöre jede Sprache ihre Eigenschaft: Verständigung! Keiner verstünde etwas oder irrte unausgesetzt. Niemand durfte Sprache und Worte verwirren, verdrehen, nach eigenem Gutdünken anordnen, Begriffe ändern oder Falschworte einführen. Welschworte, die für nichts Rechtes und alles Mögliche herhalten, deren ursprünglicher Sinn selbst eifrigsten Nutzern weitgehend unklar. Gern behaupten diese dann, es gehe nicht anders. Dass SIE es nicht besser wissen, darin dürften sie ausnahmsweise kaum irren! Aber das machen viele, erinnerte mittlerweile unbezweifeltes Bewusstsein. Und sie tun es meist aus Wichtigtuerei, wollen von anderen abheben, abgehoben sein.

Aus welchem Grund? Weshalb von anderen abheben? Sind sie nur völlig unfähig, gar unwillig zur Verständigung? Oder wollen sie nicht verstanden werden, weil Gesagtes dumm, Gemeintes verlogen? Oder so hanebüchen hohles Geschwätz, worüber selbst geistig wenig helle Zeitgenossen alsbald in verdient hohnvolles Gelächter ausbrächen? Warum schweigen solche Wichtigtuenden nicht einfach, erscheinen wenigstens einigermaßen weise? - Offenbar sind sie es nicht, wollen eben doch gehört werden...

Glitzernd dünner Nebel gab nach und nach verschwommene Umrisse frei.

Ah, ich kann doch sehen! Ich habe Augen! - Muss ich Augen haben, um zu sehen? Es könnten doch lichtempfindliche Zellen irgendeiner Außenfläche sein? Und was ist dann dahinter, darin, davor und drum herum?

Lichter Nebel. Unförmig langgezogen lag zusammengesunkene schwarze Gestalt am Boden. Helle Flächen - Gesichter! Geeeesssssiiiiichchchteeeeerrrr! - Gedankenstottern. Dunkel war's, der Mond schien helle... Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mondge... Blödsinn!

"Hej! Hallo! Wieder da?!"

"Was?"

"Ah, er antwortet wieder!" Erleichtert hallende Stimme.

"Was ist los?"

"Der Teufel war los, Junge!"

Schlagartig kehrte Klarheit zurück. - Ich bin in der Grabkammer des Inquisitors! Und es war wirklich der Teufel los gewesen!

Besorgt blickten Gundram und Ingomar. Zu seiner Verwunderung stand Erfried sicher gestützt von den Brüdern, genau an jener Stelle, wo irrsinniges Toben und Brüllen anfiel, Erinnerung verloren ging. Gundrams suchende Gedanken entsann er als letztes. Aber danach?

Schmale Lichtkegel von Stablampen huschten gewalttätige Gewölbequader feucht modriger Gruft entlang. Herwig Perchten und Oskar Dimpfl standen über die Gestalt des Trägers der schwarzen Kutte gebeugt. Auf der Grabplatte zusammengesunken. Schmutzige Steinfläche. - Erschlug ihn der grelle Blitz?



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Mannie Manie © 1999
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