Einige geschwätzige Freundinnen seiner Mutter saßen im Wohnzimmer, plapperten lippenstiftige Münder fusselig. Scheinbar dehnte deren Besuch bereits gesamten Nachmittag. Eleonore Gundeleit bereitete für ihren Sohn ein Abendessen aus hausfraulichen Fressalien, von Schwatzschwestern stets bei solchen Gelegenheiten großzügig mitgebracht. Auch selbst steuerte sie solches bei, drückte sie deren Sofapolster platt.
Ihr fiel Erfrieds sonderbare Stimmung durchaus auf. Doch schien es nicht außerordentlich oder gar bedenklich. Zudem schnatterten alle miteinander herum. Keine ausreichende Ruhe für genaueres Hinsehen. Erfried verschwand danach gleich in sein Zimmer. Auch dieser Umstand barg keinen Grund zur Sorge. Das tat er meistens. Er musste ja noch Schularbeiten machen.
Erfried erledigte tatsächlich Hausaufgaben. Doch sollte es heute von Erlebnissen des Tages ablenken. Viel drang auf ihn ein. Vieles, was ihn beständig stärker ängstige. Als ob ihn nicht schon genug verstörte. Gedankenverloren saß er lange am kleinen Arbeitstisch, räumte nicht einmal längst unnötige Schulsachen weg. Geistesabwesend ruhte sein Blick auf widerwärtig altrosa eingebundenem Rechenlehrbuch. Er nahm gar nicht wahr, was entgegen prahlte, kannte den Aufdruck ohnehin bestens, sah ihn jeden Tag. Einzelne Buchstaben und Worte las er schon längst nicht mehr, wusste nur schlafwandlerisch, es sei eben das Rechenlehrbuch.
Zweieinhalb Stunden später staunte Eleonore Gundeleit, weshalb er schon fest eingeschlafen auf dem Bett lag. Nicht einmal ausgezogen, schlief aber offensichtlich tief und friedlich. Trotz Bedauern weckte sie ihn. "Zieh dich doch mal eben aus, Erfried, und lege dich richtig ins Bett."
Verschlafen blickte er einäugig, brummelte müde, folgte jedoch fahrig ihrer Aufforderung, schlüpfte sogleich unter die Bettdecke und schlief sofort weiter.
Eleonore Gundeleit schüttelte den Kopf. Was ist denn heute abend mit ihm los? - Er ist halt müde! Achselzuckend räumte sie Schulsachen zusammen, packte alles leidlich geordnet in Erfrieds Tasche, löschte das Licht. An der Tür kurzer Blick in schläfrige Dunkelheit. Regelmäßige Atemzüge des Jungen im Traumland stellten zufrieden. Nach wenigen letzten Haushaltsdingen ging auch sie ins Bett. Reinhild schlief gleichfalls längst.
Alles friedlich und es gab keinen ersichtlichen Grund für geringste Befürchtung.