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Abermal, Kapitel 09, Seite 04

flackert


Frau Perchten lachte hell auf. "Wenn man so will, dann ja. - Aber kommen wir zum Anlass deines netten Besuchs, junger Mann." Freundlich bedauernde Miene. "Leider hast du heute kein Glück und musst mit mir vorlieb nehmen. Ingomar und Gundram sind mit ihrem Vater im Auto zu Bekannten gefahren. Bestimmt sind die drei erst später am Abend zurück. Leider kann man nicht sagen, wann genau das sein wird. Es tut mir wirklich leid, junger Mann, dass du den Weg umsonst machtest."

"Immerhin durfte ich ihre angenehme Gesellschaft genießen", meinte Erfried in frühreif vollendeter Galanterie.

Heiter blinkten ihre Augen. "Du bist wirklich ein richtiger junger Kavalier. Und das in deinem Alter schon. Wenn ich mich nicht vertue, dann sagte Ingomar, du bist noch nicht ganz dreizehn, also immer noch zwölf, stimmt das?" Erfried nickte etwas peinlich berührt. "Du wirkst wirklich viel reifer, eher wie ein bald Fünfzehnjähriger. Und du bist auch schon so ein galanter Schlingel, hast es ganz schön hinter den Ohren." Sie sagte es anerkennend. "Wärest du im richtigen Alter, dann könntest du bestimmt bei Swantraut, unserer Tochter gut ankommen. Die schätzt so etwas durchaus. Aber für dich ist sie nun doch schon zu sehr erwachsen."

"Und ihre Tochter mag keinen Tee, Frau Perchten? Ich meine nur, weil sie hier zuerst allein saßen."

"Doch, manchmal schon. Aber Swantraut ist mit ihrem derzeitigen Freund heute vormittag ins Grüne gefahren. Ich bin darüber gar nicht traurig, den einen oder anderen Nachmittag ganz für mich allein zu haben. Das kommt ohnehin nicht so häufig vor."

"Dann sollte ich mich vielleicht besser verabschieden, schließlich will ich sie nicht stören, Frau Perchten."

"So war das nun auch wieder nicht gemeint... Erfried!" Sie zögerte kurz, holte offenbar den Namen ihres jugendlichen Besuchers richtig ins Bewusstsein. "Immerhin bietet mir das gleichfalls die Gelegenheit einer ganz unverhofften Bekanntschaft. Mir ist deine Gesellschaft überhaupt nicht unangenehm."

"Das ist natürlich eine Ehre für mich. Vielen Dank! Trotzdem sollte ich vielleicht doch mal wieder los. Darf ich in den nächsten Tagen noch einmal herkommen?" Er stellte die leere Teetasse auf den Tisch. Leises Klirren.

"Aber selbstverständlich! Und sicher nicht nur einmal, Erfried. Morgen ist Gundram bestimmt anzutreffen. Ingomar wohl nicht oder weniger, weil er einige Zeit mit seiner geliebten Freundin verbringen will. Und mein Mann Herwig freut sich bestimmt auch, dich kennen zu lernen."

Erfried fühlte einen Stich. - Er konnte nicht wirklich sagen, weshalb dieser Stich durchfuhr, als Frau Perchten Ingomars Freundin erwähnte, mit welcher dieser vermehrt Zeit zubringen mochte. Ganz selbstverständlich für junge Männer wie Ingomar. Dennoch brannte seltsame Eifersucht, von welcher er überzeugt, sie dürfe so nicht sein. Irgendetwas bohrte in Erfrieds Seele. Und es schmerzte sogar.

Frau Perchten sah ihn aufmerksam an. Erfrieds plötzliche Wirrnis schien ihrem feinen Gespür aufgefallen.

Verlegen schweifte dessen Blick zur Seite, verhielt auf gebotenem Schauspiel bereits flach einfallender Sonnenstrahlen. "Schauen sie, Frau Perchten! Eine Elfenbrücke! Sieht das nicht schön aus?"

Sie folgte seinem Blick zur selben Stelle. Zwischen Baumstämmen und frei wachsenden Gebüschen fand das selten beachtete Ereignis statt. "Ja, es sieht wirklich zauberhaft aus! - Eine Elfenbrücke..." Sie klang eigenartig nachdenklich. "Wie kommst du zu der sehr sinnfällig schönen Ansicht, dies sei eine Elfenbrücke?"

"Ach, als ich noch klein war, habe ich solche Sonnenstrahlen einmal bei uns unten im Keller gesehen. Da wusste ich nicht, wie das zu erklären ist, habe meine Mutter danach gefragt. Die meinte geheimnisvoll, dass es eine Elfenbrücke ist."

"Deine Frau Mutter hat da wirklich eine wunderschöne Beschreibung ausgesucht. Ja, es ist auch eine Elfenbrücke! Mütter wissen das ganz aus sich selbst heraus und Kinder auch oft." Frau Perchten lächelte versonnen. "Du musst aber wissen, es gibt unterschiedliche Elfen. Elfen sind nicht in jedem Fall unbedingt freundlich zu Menschen."

"Ich habe einmal darüber in einem Buch über Märchen gelesen. Da stand, es gäbe auch Finsterelfen, Schwarzelfen, auch Alp oder Alpe nannte man die."

"Oh, du bist schon sehr belesen, Erfried. Dein Name ist übrigens ein Elfenname. Er lautet auch Erf oder Erfrad. Arf oder Arfrath ist eine andere Nennweise davon." Ihr Gesichtsausdruck wechselte plötzlich aus bisheriger Heiterkeit, wurde ernst und inständig. Betont hob sie den Blick, sagte leise aber durchdringend: "Geh nicht in den Sonnenstrahl tanzender Stäube! Dort verbergen sich Dinge die du besser nicht störst!"



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Mannie Manie © 1999
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