Mit heißem Herzklopfen zogen er und Günter Meinrad letztes Jahr für eine Mark ein flaches Schächtelchen raus und begutachteten den Inhalt Zuhause bei Günter eingehend.
Irgendwie fanden sie jene komischen Schläuche wenig berückend. Günters älterer Bruder kam zufällig, brach in helles Gelächter aus, erklärte dann genau, zu wes Behufe die Dinge geschaffen. Aber nach einigem Rumprobieren erschienen die mit merkwürdigem Pulver bestäubten Gummischläuche befremdlich. Sie bliesen einen auf, stellten atemlos und enttäuscht fest, Pimmeltüten knallten nicht so schön wie Luftballons. Sie knallten gar nicht, gingen nicht mal kaputt. Anschließend versuchten sie es mit literweise Wasser.
Bei ungefähr fünfzehn Litern geschah unverhofftes Malheur! - In entsetzlichem Platschen ergoss alles aus der gerissenen Gummihaut auf Fußboden und Füße. Traurig baumelte das kaputte Ding labberig tropfend in Günters Hand. Vormaliger Inhalt bildete auf dessen Zimmerfußboden überaus nassen See, den sie erschrocken anstarrten und allerschnellstens beseitigten, bevor alles endgültig in Auslegeware und Dielen versickerte.
Danach schauten sie noch rasch im Zimmer unten nach, ob auch nichts durch die Decke tröpfle. - Nur kleiner feuchter Fleck! Mutter Meinrad fiele nichts sonderlich auf, solange kein Putz abblätterte oder herunterkam. Gutmütig angenehme Schlampe, welche alles nicht so genau nahm, gerne Fünfe gerade sein ließ. Und eine sehr liebevolle Mutter und Seele von Mensch! Vater Meinrad geriete es ohnehin kaum vor Augen. Günters ältere Schwester hauste hier.
Erleichtert pinkelten beide kichernd die zweite Pimmeltüte voll. Anschließend ließen sie das nunmehr scharf riechende, gelblich gefüllte Gummiding verschnürt aus dem zweiten Stock auf den Beton des Innenhofs fallen. Mang abgestellter Fahrräder. - Unbeschreibliches Geräusch!
Letzten verpackten Pariser nahm Erfried in Anspruch. "Du hast ja deinen unbedingt mit soviel Wasser voll machen müssen, dass er platzte", beschied er Günters Einwände abschlägig. "Außerdem habe ich dir geholfen, die ganze Soße wieder rauszukriegen."
Dagegen gab es nichts zu sagen. Erfried nahm das Ding mit und vergaß es in der Hosentasche. Mutter Gundeleit fand jenes befremdlich Unaussprechliche, als sie in den Taschen nachsah, bevor sie die Hosen zur Wäsche gab. Nachfolgendes Staatstheater und Donnerwetter grollte tagelang.
Dabei sollte sie froh sein, wenn Jungs in zartem Alter schon so vernünftig waren und Schutzmaßnahmen gegen allerlei Verkehrsunfälle in Betracht zogen, fand Erfried und wähnte sich sehr ungerecht behandelt. Man kann's halt nicht allen und in jedem Fall recht machen! zog er beleidigt schon damals unabweisbaren Schluss.
Nach einigen Tagen kriegte seine Mutter sich wieder ein und meinte: "Na ja, irgendwann musstest du das schließlich mal erfahren. Ich werde mit deinem Bruder sprechen, ihn dazu bewegen, dass er dich richtig aufklärt. Als Frau fühle ich mich dazu nicht so sehr geeignet, einen Jungen aufzuklären."
Seinen älteren Bruder fand Erfried ganz und gar nicht geeignet. Trotz oder wegen dessen Alter von Mitte zwanzig: Ein blöder, herablassender alter Onkel! Mit dem missriete es nur in hochnotpeinlich stumpfsinnige Angelegenheit. Selbst der spießige Pastor wirkte um Längen lockerer.
"Herr Meinrad hat Günter und mich vor einem Monat zusammen aufgeklärt, Mama", log er einfach.
"Wie bitte? Der Herr Meinrad?" Missbilligend hochgezogene Augenbrauen. "Na, meinetwegen", äußerte sie etwas gereizt.
Ihr passte das sichtlich überhaupt nicht, weil sie nicht gefragt wurde und Frau Meinrad so eine Schlampe. Eleonore Gundeleit beließ es dabei. Kniffliger Sache enthoben. Leute ihrer Herkunft und ihres Alters sprachen darüber grundsätzlich nicht oder höchstens in albern zusammengeklaubten wissenschaftlichen Ausdrücken. Alles andere galt einfach als unanständig. Peinlich sowieso. Erfrieds älterer Bruder Richard schaute nicht anders ins Weltgeschehen. Und das in solchem Alter. Weia!