Diese bemerkenswerten Leutchen luden anscheinend alle anderen aus der Nachbarschaft nach und nach ein, um redselig von ihrer Italienreise in den Sommerferien zu berichten. Venedig, Toskana und natürlich Rom. Was sonst?
Seine Mutter wusste erst auch nicht, was ihnen solch wundersame Ehre bescherte, merkte es aber dann. Leider zu spät. Kein hinreichend höfliches Entkommen aus peinlicher Klemme. So bekamen sie, neben unausgesetztem Wortschwall über besagten Urlaub im Zitronenland, auch dort offenbar landesüblichen Kaffee aufgenötigt.
Morastig schwarze Flüssigkeiten, Espresso und Cappuccino genannt, welche mit Milch oder Sahne unansehnliche Graufärbungen zeigten. Und es schmeckte genauso, wie es aus geizig kleinen Tassen roch: Scharf durchdringend, angebrannt abgestanden! Richtiger Kaffee nimmt diesen beklagenswerten Zustand erst nach drei Stunden verweil auf heißer Ofenplatte an.
Seine Mutter verzog keine Miene, lächelte sogar und flötete: "Ja! Mit solchen Mitbringseln kann man sich immer wieder die Erinnerungen an gemachte Reisen erneut in den grauen Alltag rufen."
Erfried musste krampfhaft ein Kichern verkneifen. Er kannte schließlich seine Mutter und somit auch den Klartext: Das Zeug ist eine Gaumenbeleidigung und gehört weggegossen!
Außerdem langweilte neureiche Prahlerei dieser Leute. Ständig betonten sie, in welch fabelhaften Hotels sie nächtigten und wie schmuddelig es doch woanders gewesen sei. Besonders, wo sie überall vorgeblich Kultur tankten. Dabei stolperten sie doch nur in zusammengebrochenen traurigen Ruinen herum oder suchten diesen schiefen Turm in Pisa heim, der schon seit Jahrhunderten abgerissen gehört. Peinliches Versagenszeugnis abgründiger Unfähigkeit seiner Baumeister. Ansonsten trabten sie kamerabewaffnet durch irgendwelche Museen oder andere irre Anstalten und wurden den Hauptteil ihrer Urlaubszeit zwischen wuseligen Menschenmassen an irgendwelchen Stränden gebraten. Gipfel von allem: Papstgucken im Vatikan! Hier kriegten jene Reisenden zweifelhaften Segen unter sengender Sonne verpasst.
Das reichte! - Vom Papst und aller anhängender Veranstaltung hielt seine Mutter als gut evangelische nun überhaupt gar nichts. Wohlerzogen sprach sie nur vom 'römischen' Bischof und der 'römischen' Kirche, worin tiefsitzende Abneigung - Verachtung? - zum Ausdruck kam. Unter dem Vorwand, sie müsse zu einer Arbeitsstelle, beendete sie den wenig erquicklichen Besuch, mahnte Erfried und dessen jüngere Schwester Zuhause: "Diese Leute sind kein sehr guter Umgang!"
Immerhin einigermaßen freundliche Einstufung. Wertung nächst darunter: Das ist kein guter Umgang! Oder tiefer: Das ist kein Umgang!