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Abermal, Kapitel 22, Seite 05

flackert


Inzwischen regnete es schlimmer. Und dieser Regen dürfte auch so schnell nicht aufhören, bildete bereits Vorhänge. Erfried schüttelte Tropfen aus seinen Haaren, zögerte unsicher, trabte dann jedoch zügig davon. Hier stehen bleiben bedeutete, pudelnass werden und obendrein Schnupfen bekommen. Kalter Wind pfiff um Ecken, trieb nasse Schauer über den kleinen Platz. Auf den Dieb warten, schien jetzt vergebens. Ebenso gut konnte er Günter besuchen und heiße Rockmusik hören.

Beständig innerem Drängen, zum Haus an der Ronnburg gehen, stemmte er allen Widerstand entgegen. Erfolgreich! - Vielleicht dem Alp doch nicht völlig machtlos ausgeliefert? - Er wünschte es heiß, wenn auch geringer Hoffnung. Sobald er Gundram oder einem anderen Alben gegenüberstünde oder in deren Nähe käme, sähe es sicherlich viel weniger günstig aus.

Allerdings könnte ich auch zum hässlich modernen Bungalow gehen und jene schwarzäugige Frau herausfordern, überlegte er. Sie muss doch jetzt auch eine Glanzdiebin und Farbenräuberin sein. Und hungrig, wenn sie nicht schon andere Nahrung fand. Ich muss und will dieses beschissene Leben beenden! Aber wie mache ich das am besten?

Aufhängen kam nicht in Frage. Das sah so unaufgeräumt aus am Schluss. Nicht gerade eindrucksvoll, baumelt man als glotzäugige Leiche langhalsig, mit geschwollen und dunkelblau aus dem Rachen hängender Zunge.

Ertränken? - Pfui Teufel! Wasserleichen machen keine gute Figur, sind aufgedunsen und eklig. Außerdem ertrinke er nicht, konnte schwimmen. Zudem stieg man immer wieder zur Oberfläche auf, benötige also ausreichende Gewichte, welche unter Wasser hielten. Elender Aufwand!

Pulsadern aufschneiden? - Ach Quatsch! So eine rücksichtslose Sauerei! Jemand bedauernswertes muss danach alles wegwischen. Nein, da erschien es angebrachter und weniger umständlich, ihn risse schwarzäugiges Finsterwesen aus jämmerlicher Alpsklaverei.

Und wenn die Schwarzaugen jetzt nicht wollen, ihn jetzt nicht mehr wollten? - Durchaus wahrscheinlich, der Dieb des Glanzes habe mit den Alben nichts näher gemein, ging eigene Wege und mochte keinem Alp in die Quere kommen. Oder konnte gar nicht, weil sie wesentlich mächtiger als vermutet. Nur in gewisser Weise dienstbar gewesen, überließen Alben ihm Freiräume. Mindestens bestand dann eine Art Abkommen zwischen denen, kamen einander nicht ins Gehege, erwiesen ab und an Gefälligkeiten. Bei entsprechender Lage, wohlverstanden.

So gesehen, gab es kein Entrinnen, außer Schlaftabletten oder richtiges Gift. Woher nehmen oder stehlen? Ein Kopfschuss wäre freilich hochherrschaftlich geeignet, sehr literarisch dramatisch, fast schon filmreif und immerhin starker Abgang. Doch wo sollte er einen Revolver herkriegen?

Alles dummes Zeug! - Er lief schneller. Der Regen wurde immer übler und störte sachliche Erwägungen, außerdem kalt. Im Dauerlauf erreichte er das Wohnhaus der Meinrads, klingelte ungeduldig. - Und falls er auf vorher zurechtgelegte Weisen gar nicht sterben konnte? blitzte ihm durch den Kopf. Gab es etwas noch schlimmeres? Auf jeden Fall Sklaverei...

"Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr", grüßte Günter Meinrad erfreut aus der Haustür.

Erfried mochte nicht gestehen, er wollte ursprünglich tatsächlich nicht kommen, suchte statt dessen kläglich vergeblich nach dem Tod. "Hallo, Günter! Ich sagte doch, dass ich nicht genau wüsste, wann."

"Mensch, komm rein, du bist ja schon ganz nass!" Günter öffnete weit und Erfried sprang an seinem Schulfreund vorbei in den Hausflur.

Es wurde noch ein ausgesprochen netter Nachmittag. Die neuen Scheiben von Günters Bruder zeigten wirklich Klasse. Am besten gefiel jene Platte mit der großen Popbanane auf der Hülle: Velvet Underground, Heroin! Zwar schon vor einiger Zeit herausgekommen, also nicht mehr das allerneueste, aber unerreicht gut. Ein bisschen sehr schräg und gewöhnungsbedürftig in ihren Ohren. Doch für Erfried in diesen Stunden genau richtig. Sie quatschten über dies und das, über die Schule, über Mädchen, welche sie toll fanden und gerne nackt sähen, schwärmten begeistert von der einen oder anderen scharfen Schauspielerin, redeten einander heiße Köpfe. Alsbald gehörige Ständer in Hosen.

Wie fast jedes Mal, holte Günter seinen Harten als erster heraus und bearbeitete das Stangenstück. Erfried machte es ihm nach. Und wie immer, sahen sie einander begierig zu. Geübt flinke Finger zogen rascher und rascher Vorhaut von prallen Eicheln und wieder darüber, kraulten Eierbeutel. Halb geöffnete Münder stöhnten leise. Fast gleichzeitig spritzte wässrig weiße Sahne auf freigelegte Bäuche. Hechelndes Atmen, befreites Keuchen. Derweil tat Jimmy Hendrix gleiches bei heiß heulender Klampfe.

Dennoch wusste Erfried, dies sei nicht mehr 'dasjenige welche'. Während er abschoss, drängten beängstigende Einzelheiten abseitiger Hochzeitsnacht mit Gundram ins Gedächtnis. Das kam heißer, härter, hemmungsloser, wilder und viel befriedigender. Trotz aller Angst!



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