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Abermal, Kapitel 22, Seite 06

flackert


Oder vielleicht gerade deshalb? Ob es mit einer Frau genauso verlief?

Bisher noch nie erlebt, besaß er nun eine Vorstellung, wie es sein könnte, und auch, was ein Mädchen dabei empfände. Schließlich spielten der Alp und er zweierlei: Mann und Frau! Völlig neue Erfahrung, beides zugleich sein. Alles anders seit einigen Tagen. Und Günter Meinrad?

Ein prächtiger und treuer Freund, ein fabelhafter Kumpel, aber... Ja, was aber? - Irgendwie genügte es nicht mehr. "Den allermeisten bist du doch köpfchenweise über, kannst mit ihnen nicht viel anfangen, stimmt's?" Ingomars Stimme, ganz deutlich! Genau dies sagte Ingomar an jenem Gewitternachmittag, sprach Tatsachen aus. Und danach fing das ganze Verhängnis erst richtig an.

Ingomar, du hast mich verraten und verkauft, verdammter Alp!

Auf Günters Bude flog immer ein Handtuch herum, womit man ausgespritzte Soße wegwischen konnte. Wenn nicht, dann eben altes Unterhemd. So was lag ständig irgendwo. Wahnsinniger Saustall, dessen Turm, verglichen mit Erfrieds Zimmer in der Bachgasse.

Hosen gerade wieder anständig gerichtet, klopfte es. Nach einigen Augenblicken des Zuwartens schwang die Tür langsam ein Stück auf. Frau Meinrads lächelnder Wuschelkopf erschien. "Wollt ihr Kaffee und Kuchen, Jungens?"

"Ja, gerne!" antworteten sie fast wie aus einem Mund.

"Dann müsst ihr runterkommen in die Küche, da steht alles."

Erfried glaubte schon länger, Frau Meinrad wisse genau, was Günter und er zusammen veranstalteten. Eine erfahrene und vorurteilslose Frau dürfte wissen, was Jungen in diesem Alter trieben. Zumindest wird es ihr Günters Vater verklickert haben, der solches ähnlich locker handhabte. Klopfe sie sonst, öffne erst einige Zeit später und schaue rein? Hier klopfte normalerweise niemand an. Überflüssige Höflichkeiten übte in diesem Haus keiner. Aber dafür offenbar Rücksichtnahme. Eine Wohltat.

Man musste es Meinrads lassen: Allesamt schwer in Ordnung! Von Kirche und so hielten sie nicht viel. Freilich evangelisch, wie großenteils hier. Allerdings dürfte der Pastor bei Meinrads kein sonderlich erhoffter Besuch sein. Den katholischen Pastor ließen sie bestimmt nicht mal ins Haus. Schon gar nicht das hiesige Ekelpaket. Als Hausfrau glänzte Frau Meinrad allerdings nicht. Darin eine von denkbar größten Nieten dieser Erde. Aber was macht das schon, sonst von ganzem Herzen in Ordnung? Und das zweifelsohne.

Selbstverständlich gab es auch heute keinen selbstgebackenen Kuchen, sondern verschiedenes Teigwerk aus der Bäckerei. Der Kaffee ein Graus, aber dafür von ihr gemacht. Und schon seit längerem bekamen Günter und Erfried richtigen starken Bohnenkaffee wie Erwachsene. Sogar kleines Glas Wein oder Bier spendierte sie schon mal. Aber damit geizte sie wohlweislich doch. Nicht mehr als ein Gläschen jeweils.

"Warst du am Sonnabend wirklich bei den Perchtens zu Besuch, Erfried?" fragte Frau Meinrad in der Küche ganz nebenbei. Erfried nickte nur stumm, kaute nachdrücklich an einem Hefeteil. Unangenehm überkam erneute Gewissheit bedrückender Lage.

"Das sind etwas seltsame Leute, nicht wahr?" hakte sie vorsichtig nach. Als Erfried abermals nur wortlos nickte, sah sie ihn aufmerksam an, bemerkte anscheinend an dessen Gesichtsausdruck, ihre forschenden Fragen seien gerade wenig angebracht. "Ich muss jetzt weg und noch was einkaufen, bevor die Geschäfte gleich schließen. Bist du nachher noch da, Erfried?"

"Nein, Frau Meinrad. Ich muss dann auch so langsam wieder nach Hause gehen. Es gibt ja auch bald Abendbrot, und meine Mutter mag es nicht, wenn ich dann zu spät komme."

"Ja, ja, deine Frau Mutter. Das ist eine sehr ordentliche Person." Wie sie es genau meinte, kam nicht zum Vorschein. Böse sicherlich nicht. Echte Bosheit gehörte nicht zu ihren Eigenschaften. Aber sie besaß durchaus spitze Zunge.

"Ja, Frau Meinrad, da haben sie ganz sicher recht. Dann sage ich schon mal 'Auf Wiedersehen!' und vielen Dank für alles", meinte Erfried artig.

"Gern geschehen, Junge. Auf Wiedersehen dann!" Sie schnappte einen Einkaufskorb und verschwand, ihr unnachahmlich strahlendes Lächeln auf den Lippen.

"Wie war's denn dort?" wollte Günter gleich darauf wissen.

"Wie war's wo?" Erfried tat unverstehend.

"Na, bei den Perchtens von der Ronnburg."

Erfried überlegte krampfhaft, ob er Günter alles erzählen sollte, sah ihn erst schweigend an. "Es war ganz komisch, weil die so anders sind."

"Gab's da scharfe Bräute?"

"Die haben eine Tochter. Swantraut heißt die. Die sieht wirklich geil aus."

"Und, hast du was mit ihr gemacht?"



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