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Abermal, Kapitel 08, Seite 04

flackert


Im Koran fanden vielfach gebildete Nipponesen schon Jahrhunderte vorher nichts Gescheites. Und warum sollten sie Arabisch und diese krakelige Schrift lernen? Allein in ihrem Land, im Land der aufgehenden Sonne, sprachen schon lange mehr Menschen japanisch als auf der ganzen Welt arabisch. Und ihre eigenen Schriftzeichen aus China konnten auch ohne Sprachkenntnisse von fast einer Milliarde Asiaten gelesen und verstanden werden. Mohammedanern in Philosophie leichterhand himmelhoch überlegen, gleichermaßen und gänzlich Christen, legten sie solch befremdenden Lesestoff achtlos beiseite und gingen zur Tagesordnung über. Schintopriester und buddhistische Mönche boten einleuchtenderes.

Mutter Gundeleits regelmäßige Frömmigkeitsanfälle brachten Erfried mit der Zeit allerdings verhängnisvolle Sachverhalte. Hörte er die Worte 'Eintopf' oder 'Fisch' oder stieg entsprechender Geruch in seine Nase, fiel ihn jedes Mal nachgerade krankhafter Gebetszwang an.

Irgendwas müsse daran ungesund sein, befand er und wollte bei Ausweitung bedenklichen Umschweifs vorsorglich einen Nervenarzt befragen. Da bestand unabweisbar Zusammenhang! Schließlich gab es auch mittwochs stets Eintopf... und Mittwochnachmittag musst er immer zur Bibelstunde. Geriete seine Mutter dann obendrein in Fänge solcher Leute wie Kaisers und Toblers, kann man nie wissen, was daraus wird.

Viel Gutes kann's nicht werden. Dann habe ich womöglich diesen abscheulichen Prediger auch am Hals und das Herumgebete wird noch viel schlimmer. Das fehlte gerade noch. Wäre ja wie jeden Tag Eintopf oder Fisch mit verdrießlich Jesus als Vorspeise und Nachtisch. Entsetzlich! Es reicht schon, wenn der Pastor öfter unverhofft auftaucht. Der ist aber wenigstens nicht dermaßen fürchterlich und der Vikar nur stinklangweilig. Und die beiden frommen Knöpfe lassen einen zumindest weitgehend in Ruhe. Auch Mutters Betschwestern aus dem Bibelkreis zeigten meist einigermaßen wohlerzogene Zurückhaltung, wenn sie denn schon mal aufkreuzten und schnatterten.

Den römisch katholischen Pfarrer kannte er nur vom Sehen. Reichte voll und ganz. Der gehörte zu jener unfrohen Sorte dicker Menschen, welche spitznasig und rotgesichtig ganze Landschaften verschandelten. Ein Schweinsgesicht, nur ohne Rüssel! Aus Erfahrung wurde letztlich gewiss, in dieser Zusammenstellung höre bei Dicken die Gemütlichkeit längst auf. Und was er von einigen welschgläubigen Schulkameraden über dessen und dessen Amtskollegen Art und Weise erfuhr, beseitigte selbst letzte Reste an Neugier in ihm.

Der römische Pfarrer stellte seiner Ansicht ein Musterbeispiel an Bosheit und Heuchelei dar, weshalb ihm schroffe Ablehnung der zitronenländischen Welschkirche durch seine Mutter und andere gut begreiflich. Bei solchen Amtswaltern? - Allerdings brauchte Bruder Tobler keinen Vergleich mit jenem Vatikanschamanen scheuen. Prediger Tobler ist mindestens ebenso eklig!

Erfried verließ die kleine Siedlungsstraße. Natürlich ging er nicht sofort nach Hause, musste es auch nicht. Käme er um halb acht heim, reichte das vollkommen. Nein, er wollte noch unbedingt zum Haus an der Ronnburg. Heute sicher nicht unangebracht, folgte er Ingomars Einladung.

Ingomar! - Wie Geburtstagsglückwunsch ging ihm der Name durch und durch. Er wollte ihn unbedingt wiedersehen. Und dessen jüngerer Bruder? - Besaß er ähnliches Wesen, würde mindestens dieser Sommer schönster seines Lebens. Erst recht, folgende große Ferien.

Ihm fielen Frau Kaisers dunkle Andeutungen ein, deren unausgesprochene Mutmaßung, gemünzt auf Familie Perchten. Gruselig klang es schon. Aber andererseits verstand er gut, wenn man Betbruder Tobler im Haus an der Ronnburg sehr nachdrücklich verklarte, er sei so erwünscht, wie Kakerlaken in der Küche.

Na ja, dachte Erfried, Betbruder Tobler würde ich auch aus meinem Haus verscheuchen wollen. Das ist kein Anzeichen von dunklen Neigungen oder Satan. Eher im Gegenteil. Dieser Prediger ist ein grässlicher Finsterling! Selbst der wenig begeisternde Vikar oder der staubtrockene Pastor würden nicht viel mit dem zu tun haben wollen. Guten Tag und guten Weg! Das wär's. - Was ist schlimmer: Alte Heiden oder solch abstoßende Frömmler, welche dauernd den lieben Gott und Jesus auf kleistrigen Zungen wälzen?

Aber was ist mit Herbert Welzers Tod? Und was, mit dem angeblich unerklärlichen Sterben anderer bedauernswerter Menschen in vergangenen Jahren? Was ist mit den schwarzen Augen? Haben Perchtens womöglich damit zu schaffen? - Ungutes Gefühl und ängstigende Spannung kamen plötzlich hoch. Immerhin musste Ingomar irgendetwas wissen. Warum warnte er sonst vor tanzenden Stäuben im Lichtstrahl, vor Elfenbrücken? - Er musste etwas wissen oder wenigstens ahnen. Dann fiel ihm ein, Ingomar deutete ähnlich dringend an, etwas sei lauernd in ihre Gegend gekommen. Und sagte Frau Kaiser nicht auch so was?



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Mannie Manie © 1999
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